1. Wie bleiben wir im Kontakt mit Kindern, die zuhause betreut werden müssen? Wie können wir diesen Anregungen, Spielangebote, Beteiligungsmöglichkeiten anbieten? Etc.
2. Wie gestalten wir die Kommunikation mit den Eltern, wenn die Kinder gar nicht in die Kita kommen bzw. an der Tür übergeben werden, Face-to-Face-Elterngespräche nicht möglich sind? Etc.
3. Wie organisieren wir uns als Team, wenn keine realen gruppenübergreifenden Teamkontakte möglich sind, einzelne Fachkräfte als Risikogruppe nur von zuhause aus arbeiten können? Etc.

In diesen drei Handlungsbereichen waren bzw. sind die Kitas und ihre Träger seit dem Beginn der Pandemie – erster Lockdown mit Kita- und Schulschließungen am 16.3.2020 – gefordert. Da es bzgl. der Nutzung digitaler Medien zum Umgang mit den coronabedingten Einschränkungen einerseits keine Vorgaben des Gesetzgebers gab bzw. gibt und andererseits die einzelnen Kitas auf sehr unterschiedliche Vorerfahrungen, Ressourcen und Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zurück- bzw. nicht zurückgreifen konnten, gab bzw. gibt es hier ein sehr breites Spektrum von Kitas, die auf der einen Seite digitale Medien offensiv/er eingesetzt haben, und solchen auf der anderen Seite, die diese gar nicht oder sehr verhalten genutzt haben. Hierzu gibt es eine Untersuchung des Deutschen Jugendinsituts (siehe Blog 9.6.2020).

Digitalität im Kontakt mit Kindern
Vor allem zu dem ersten der drei oben genannten Handlungsbereiche haben wir in unserem Blog www.kitaqualitaet.de in den letzten 15 Monaten viel berichtet. So zum Beispiel über die Kita am Wald aus Castrop-Rauxel und die „hummeligen Abenteurer“, zwei städtische Kitas aus Hinte, die beispielsweise
– Videos für die Kinder ins Netz gestellt haben;
– tägliche digitale Leserunden für die Kinder angeboten haben;
– einen digitalen Morgenkreis umgesetzt haben;
– Spiel- und Lernangebote für die Kinder digital bereitgestellt haben;
– digitale Kontaktangebote für einzelne Kinder umgesetzt haben:
– usw
Hier jeweils ein Link zur Kita am Wald in Castrop-Rauxel und zu den „hummeligen Abenteurern“ in Hinte, in denen Sie ein Vielzahl von Beispielen finden. Auch in den beiden anderen Handlungsfeldern griffen bzw. greifen immer mehr Kitas auf digitale Kommunikationsplattformen wie beispielsweise  Zoom oder Teams, aber auch speziell für Kitas entwickelte Apps, zurück, um die Zusammenarbeit einerseits mit den Eltern und andererseits im Team aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln.

Wie geht es weiter?
In den nächsten Monaten werden wir vermutlich die Coronapandemie weitgehend überwunden haben und in einen normal(er)en Alltag zurückkehren können. Damit steht die Entscheidung darüber an,
– ob und wenn „Ja“ in welchem Umfang die in der Coronazeit entwickelten und umgesetzten digitalen Anwendungen und Konzepte weiter genutzt werden oder
– ob (und gg.falls in welchem Umfang) wir zur digitalen Vor-Corona-Praxis zurückkehren?!?
Man könnte allerdings das Thema der Nutzung digitaler Medien in der Kita auch etwas grundsätzlicher auflegen und fragen: Wie wollen wir in Zukunft die Möglichkeiten der Digitalität nutzen? Das heißt, die Frage nach der Nutzung digitaler Medien in der Kita abzulösen von der aktuellen Coronasituation und – unabhängig von dieser – ein kitabezogenes digitales Gesamtkonzept zu entwickeln. Einige Anregungen und Überlegungen finden Sie hierzu im Blog von Sonja Billmann.

Mindestens drei Gründe, am Thema Digitalität dranzubleiben
Dies scheint mir aus mindestens drei Gründen sinnvoll.
1. Das Thema Digitalität ist aktuell durch die Coronakrise aufgelegt. Es macht Sinn, die damit verbundene Aufmerksamkeit, die aktuellen Erfahrungen und die damt verbundenen Möglichkeiten aufzugreifen und zu nutzen?
2. Digitalität wird in zunehmenden Maße unser Leben, unseren Alltag bestimmen. Dieser Entwicklung sollten sich Kitas nicht verschließen? Dies betrifft sowohl die pädagogische Arbeit mit den Kindern, die (auch) auf den Umgang mit digitalen Medien vorbereitet werden müssen, als auch die Zusammenarbeit mit den Eltern und in den Teams. Hier  gilt es die Chancen zur Vereinfachung und Verbesserung von Information, Kommunikation und Arbeitsorganisation, die digitale Medien bieten, ofensiv – aber datenschutzkonform – zu nutzen.
3. Wir müssen davon ausgehen, dass Corona nicht die letzte Pandemie war. Auf die nächste sollten wir gut/besser vorbereitet sein!
Was heißt das nun für die weitere Auseinandersetzung mit dem Thema Digitalität und wie ließe sich das angehen?

Digitales Gesamtkonzept für die Kita
Ein Wort wie „Gesamtkonzept“ ist schnell gesagt oder geschrieben. Welche Komplexität sich dahinter verbirgt, wird deutlich, wenn man sich klar macht,
a) in welchem Umfang die Digitalität unseren Alltag, unser Leben jetzt schon durchdringt, und dass diese Entwicklung bei weitem nochnicht abegschlossen ist:
b) dass in einer Kita die Digitalität hinsichtlich ihrer Wirkungen auf die Begleitung und Unterstützung der Entwicklung jedes einzelnen Kindes und die Qualität der Erziehungspartnerschaft (= Vertrauens- und Beziehungsentwicklung zwischen Eltern und Fachkräften) hinterfragt bzw. an deren Optimierung ausgerichtet werden muss.
c) die Digitalisierung die Akzeptanz bei den Teammitliedern finden und von diesen umgesetzt werden muss. .Dies wird nur gelingen, wenn die Digitaliserung die Kompetenzentwicklung und Motivation jeder einzelnen Fachkraft, deren Teamfähigkeit und die Zusammenarbeit im Team unterstützt..
Erschwerend kommt ?hinzu, dass es mittlerweile schon eine Vielzahl von digitalen Medien und Anwendungen gibt, die genutzt werden, und es gar nicht so einfach ist, sich hier auch nur ansatzweise einen Überblick zu verschaffen (siehe z.B. Marion Lepold / Monika Ullmann: Digitale Medien in der Kita – Alltagsintegrierte Medienbildung in der pädagogischen Praxis).

Insofern bietet es sich an, sich in einem ersten Schritt einen groben Überblick zu verschaffen über die möglichen Anwendungs- und Einsatzbereiche digitaler Medien in der Kita. Die folgende Übersicht orientiert sich an den am System Kita beteiligten Personengruppen und benennt darüber hinaus die Öffentlichkeitsarbeit:

Personengruppen im System Kita

Einsatz/Verwendung sozialer Medien

Beispiele

Kinder

Medien als Werkzeuge in der pädagogischen Arbeit (in Anlehnung an Lepold):
– Medien als Wissensquelle
– Kindervariante youtubekids
– Fotos aufnehmen und bearbeiten
– digitale Kunstwerke
– digitales Mikroskop
– digitale Bilderbücher
– kreative digitale Buchgestaltung
– Filme aufnehmen und schneiden
– Programmierwerkzeuge

Kinder zuhause:
– Angebote, Filme, Spielanleitungen etc. für zuhause
– digitaler Morgenkreis
– digital Vorlesen
– digitale Angebote und Projekte

z.B. FragFinn, Blinde Kuh, weitere Wissen-apps (Lepold S. 82)

Eltern

Information und Kommunikation (= Kommunikationsplattformen):
– digitale Pinnwand
– direkte Kommunikation zw. der Kita u. einzelnen Eltern
– Kommunikation Eltern unter-einander
– Stammdatenverwaltung: Adressen, Telefonnummern, etc.
– Bereitstellung von Informationen: Speiseplan, Umgang mit Krankheiten, Wochen-, Jahresplanung etc.
– Kommunikation mit den Eltern als Gruppe

Erziehungspartnerschaft:
– Einblicke in die tägliche päda-gogische Arbeit
– Zugriff auf das Portfolio des Kindes
– Eltern-, Entwicklungsgespräche
– Elternveranstaltungen
– Elternbildung

z.B. kigaclick, famly

z.B. digitaler Bilderrah-men, passortgeschütz-ter interner Speicher, Clouds etc.
z.B. KidsFox, Kindy.app oder Zoom, Teams,

Fachkräfte

– individuelle Nutzung digitaler Medien (LapTop, Tablet, Smartphone etc.) bzw. Zugang zu digitalen Medien in der Kita
– Teaminformation und -kommunikation
– Teamsitzungen, Konzeptionstage inkl. Ablagesystem
– Teamrollen und Aufgaben
– Konzeptions- und Qualitäts-entwicklung
– Kompetenzentwicklung, Fort- und Weiterbildung

Bei den Fachkräften geht es neben der Möglichkeit der digitalen Information und Kommunikation ganz wesentliche um ein effizientes Dokumentations- und Ablagesystem

Öffentlichkeitsarbeit

– Präsenz in Kita-Suchmaschinen
– eigene Kita-Website
– Nutzung Facebook, Instagram, Twitter, YouTube etc.

z.B. KiTa-Finder NRW

Diese tabellarische Übersicht verdeutlicht die Komplexität und Vielgestaltigkeit der Entwicklung und Umsetzung eines digitalen Gesamtkonzeptes für bzw. in einer Kita. Kita, Träger, Fachkräfte lassen sich auf einen umfassenden und mehrjährigen Organisationsentwicklungsprozess ein, der stufenweise/Schritt-für-Schritt zu planen, umzusetzen, zu reflektieren und fortzusetzen ist. Die Komplexität und Vielgestaltigkeit ist darauf zurückzuführen, dass die Digitalisierung einerseits alle Bereiche der Arbeit in einer Kita (pädagogische Arbeit mit den Kindern, Zusammenarbeit mit den Eltern, Zusammenarbeit im Team, Verwaltung, Information und Kommunikation etc.) betrifft, und andererseits nur gelingen kann, wenn die beteiligten Personengruppen (Fachkräfte und Eltern) sich darauf einlassen und die entsprechende Medienkompetenz entwickeln. Insofern gibt es auch nicht das EINE Konzept für alle Kitas. Jede Kita bzw. jeder Träger mit seinen Kitas wird das zum jeweiligen Zeitpunkt mögliche und die auf seine die jeweiligen Rahmenbedingungen und die Erwartungen und Möglichkeiten der Beteiligten zugeschnittene Gesamtkonzept entwickeln und umsetzen. Dabei sind die Anforderungen des Datenschutzes zu berücksichtigen. Und es bedarf einer tragfähigen technischen Grundausstattung der Kita: leistungsfähiges Wlan, wlanfähige Drucker, Tablets und/oder iPads sowie Smartphones für jede Gruppe, Zugriff jeder Fachkraft auf das digital Netzwerk, Zugänge für die und Einbindung der Eltern etc. Die Digitalisierung wird dann ein mehrjähriges Projekt. Genauer: die damit verbundenen Entwicklungen und Veränderungen werden uns letztendlich auf absehbare Zeit (= die nächsten 10 bis 20 Jahre) weiter begleiten, da die Digitalisierung unserer Gesellschaften (incl. der Entwicklung künstlicher Intelligenz) bei weitem noch nicht abgeschlossen ist. Auf diese unbestimmte Zukunft müssen wir uns nicht nur aktuell einlassen, sondern auch die nachwachsenden Generationen vorbereiten. Dieser langfristige (= und eigentlich nie abgeschlossene) Organisationsentwicklungsprozess muss kleinschrittig geplant, begonnen und umgesetzt werden. Ausgehend von der Verständigung über die nötige und sinnvolle Grundausstattung gilt es handhabbare und abgrenzbare Vorhaben und Projekte zu definieren, diese umzusetzen, deren Umsetzung zu reflektieren und gg.falls anzupassen, um dann auf der Grundlage dieser Veränderungen und der gemachten Erfahrungen die nächsten Schritte zu planen und umzusetzen Die Einbindung aller Beteiligten, deren Kompetenzentwicklung und Motivation sind dabei die Schlüssel zum Erfolg!

Links
FragFinn www.fragfinn.de
Blinde Kuh www.blinde-kuh.de
Youtubekids https://www.youtubekids.com/?hl=de
kigaclick https://www.munich-startup.de/26126/7-fragen-kigaclick/
famly https://www.famly.co/de#de-demo-form-cta
kidsFox https://www.youtube.com/watch?v=1ZXYqwel8ns
kindy.app https://www.kindy.app/