Kitas in NRW
Für die Kitas hat die Landesregierung die vor Weihnachten definierte Situation vom Grundsatz her fortgeschrieben. In einem Schreiben des NRW-Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration vom 7.1.2021 an die Leitungen der Jugendämter in NRW heißt es: „Die Kindertageseinrichtungen bleiben grundsätzlich geöffnet. Ob Eltern das Angebot in Anspruch nehmen, entscheiden Eltern eigenverantwortlich. Die Einforderung von Arbeitgeberbescheinigungen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist unzulässig.“ (Hier finden Sie das vollständige Schreiben.) Dass die  Delegation der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Betreuung ausschließlich an die Eltern und OHNE die Vorgabe von Kriterien, so wie das im Frühjahr der Fall war (siehe Blog vom 15.5.2020), führt zu großer „Verunsicherung in den Kitas„! (Blog vom 3.1.2021) Hieran ändert sich auch nicht viel durch zwei ergänzende Maßnahmen: „Der von den Eltern gebuchte Betreuungsumfang (25, 35 und 45 Wochenstunden) wird um jeweils zehn Wochenstunden gekürzt. Zudem können Kinder nur in festen Kita-Gruppen betreut werden.“ (WAZ ebd.)

Gleiche Augenhöhe gefährdet
Im Kontakt zu einer ganzen Reihe von Einrichtungen in den letzten Tagen, sind mir sehr unterschiedliche Umfänge der Betreuung berichtet worden. Es gibt Einrichtungen, in denen alle oder fast alle Kinder in die Kita kommen. Und es gibt auch Einrichtungen, in denen nur die Hälfte der Kinder, vielfach auch noch weniger in die undefinierte „Notbetreuung“ gebracht werden. Weiter wird über Konflikte in der Elternschaft berichtet, wenn diese die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der Betreuung sehr unterschiedlich definieren. Auch wird von Konflikten zwischen Leitungen und Eltern berichtet, wenn hier unterschiedliche Einschätzungen und Sichtweisen zur Angemessenheit der Inanspruchnahme der Betreuung aufeinander stoßen. Dies ganz besonders auf dem Hintergrund von Personalengpässen in einzelnen Kitas. Da nach den Vorgaben des Landes die letztendliche Entscheidung bei den Eltern liegt, haben diese idie Möglichkeit, ihr individuelles Interesse im ungelösten Konfliktfall, also wenn keine Verständigung auf einen Kompromiss möglich ist, gegen das Votum oder das Plädoyer der Leitung durchsetzen. Die dadurch entstehenden Spannungen können die – auch im Interesse der Kinder – notwendige Zusammenarbeit zwischen Fachkräften und Eltern situativ deutlich und möglicherweise auch dauerhaft beeinträchtigen. Das ist zwar nicht zwangsläufig nicht der Fall: Da wo die Kommunikation zwischen Eltern und Fachkräften bisher eine gute Basis hatte, wird man sich vermutlich auch in dieser Situation verständigen und zu gemeinsamen Lösungen und Kompromissen kommen können (siehe hierzu den Blog vom 9.1.2021 über die Kita am Wald). Die Sprecherin Lina Strafer des Kita-Zweckverband im Bistum Essen berichtet: „ Aktuell werden ohnehin nur rund 15 Prozent der Plätze in Anspruch genommen. Wir gehen davon aus, dass dies so bleibt… (Das Verhalten der Eltern sei) kooperativ und solidarisch.“ (WAZ 9.1.2021, Lokalseite Bochum) Aber das Ganze ist ein eine „Schönwettersituation“, die in einem Konfliktfall, der nicht einvernehmlich lösbar ist, die Eltern zu den alleinigen „Entscheidern“ macht und die Rollen der Leitung und des Trägers deutlich abwertet. Es bleibt unverständlich, warum die Landesregierung die damit verbundenen Risiken zulässt und hier nicht zeitnah und deutlich nachbessert.

Wie geht es weiter?
Im Laufe der kommenden Wochen wird das Robert-Koch-Institut (RKI) erstmalig seit Weihnachten wieder verlässliche Fallzahlen zur Entwicklung der Infektionen anbieten können, da ab jetzt wieder alle Gesundheitsämter zumindest an jedem Werktag ihre Zahlen an das RKI weiterleiten. Dann werden wir eine Wahrnehmung davon bekommen, ob die Fallzahlen eher konstant auf einem hohen Niveau bleiben, die Lockdown-Maßnahmen möglicherweise schon eine Absenkung der Fallzahlen eingeleitet oder die Kontakte über die Feiertage noch mal zu einer Zunahme der Fallzahlen geführt haben. So oder so muss man aber davon ausgehen, dass uns Corona, damit verbundene Risiken und Einschränkungen noch mehrere Monaten belasten werden. Daran werden die nun begonnenen Impfungen kurzfristig wenig ändern. Mit Blick auf die kommenden Wochen würde ich mir sehr wünschen, wenn von der Politik aber auch allen anderen Akteuren nicht einfach nur abgewartet wird, wie sich die Infektionszahlen entwickeln. Nichts gegen die Hoffnung, dass die Lockdown-Maßnahmen im Februar zurückgefahren werden können. Aber ausgehen können wir davon nicht. Insofern sollten wir die nächsten Wochen nutzen, aus den bisherigen Erfahrungen zu lernen und den Umgang mit der Pandemie zu optimieren suchen.

Einige Ansatzpunkte, Hinweise und Vorschläge
Kitas:
Solange nicht alle Kinder wieder in die Kita dürfen, brauchen wir – wie im Frühjahr – wieder Kriterien und Vorgaben, um die Notbetreuung nachvollziehbar und fair für alle Beteiligten zu gestalten. Dabei müssen die häusliche Situation der Kinder und eine mögliche Gefährdung mitberücksichtig werden.
Schulen: Die Schulen sind nach wie vor digital sehr unterschiedlich aufgestellt. Deswegen sollten die Schulen durch landesweite Vorgaben nicht weiter über einen Kamm geschert werden. Bis zum 11.12.2020 waren alle Schulen zum Präsenzunterricht verpflichtet. Aktuell – bis Ende Januar – müssen alle Schulen Distanzunterricht umsetzen. Hier gilt es lokal und schulbezogen flexiblere Lösungen in der Kombination von Präsenz und Distanz zu ermöglichen.
Unterstützende Maßnahmen und Kompetenzen weiter entwickeln: Um den Umgang mit der Pandemie zu optimieren, ist es unerlässlich, die personelle Situation in Kitas und Schulen weiterhin zu verbessern. Das Programm der Alltagshelfer sollte ausgebaut werden und Lehramtsstudierende zur Lernunterstützung in die Schulen angeworben werden. Luftreiniger und zusätzliche Räume müssen für die Schulen bereitgestellt werden. Es gilt die digitale Ausstattung in den Schulen weiter voranzutreiben. Lehrkräfte sind zu motivieren und zu unterstützen, forciert digitale Kompetenz zu entwickeln und umzusetzen: Alle Kinder müssen per Videokonferenz erreichbar werden. Auch die Fachkräfte in den Kitas sollten nicht nur in Einzelfällen wie im Frühjahr (siehe Blog vom 9.6.2020) digitale Angebote für die Kinder zuhause auf den Weg bringen. Es gilt die vorhandenen Konzepte kontinuierlich zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Usw.
Zuguterletzt: Insgesamt sollte in den Diskussionen um den weiteren Umgang mit der Pandemie nicht nur das Recht auf Gesundheit betont werden. Bei allen Lockdown-Maßnahmen geht es immer auch um die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf Bildung, psychische Gesundheit und soziale Kontakte (siehe Blog vom 29.4.2020). Dieses Spannungsverhältnis ist bisher zu einseitig in Richtung Gesundheitsschutz aufgelöst worden. Dies sollte sich in den zukünftigen Diskussionen ändern.