NRW startet mit den Kitas durch andere Bundesländer auch!

Ab dem 8. Juni dürfen alle Kinder wieder in die Kita: eingeschränkter Regelbetrieb. „Alle Kita-Kinder könn[t]en zunächst bis zum 31. August zu einem `reduzierten Stundenvolumen´ wieder in die Kitas. Das heißt, sie werden 15 bis 35 Stunden lang pro Woche betreut und nicht – wie früher – bis zu 45 Stunden. In Ausnahmefällen dürfen die Einrichtungen auch mehr oder weniger Stunden anbieten, je nach Personalsituation. Dies müsse mit den Behörden vor Ort geklärt werden, so die Landesregierung.“ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 22. Mai 2020, Seite 1) Diese doch sehr radikale Wende innerhalb von 10 Tagen begründet Familienminister Stamp “mit den sinkenden Infektionszahlen im Land: und er verwies auf wissenschaftliche Erkenntnisse aus Skandinavien, wo geöffnete Kindertagesstätten keineswegs zu mehr Ansteckungen geführt hätten.

Zudem berief sich Stamp auf Appelle von Ärzten und Psychologen, die vor häuslicher Gewalt und vor Entwicklungsschäden ohne Kitas gewarnt hätten.“ (Süddeutsche Zeitung vom 23.+24. Mai 2020, Seite 6)

Alle Kinder, normale Gruppengrößen
Schauen wir da etwas genauer hin: Bisher sollte ab dem 10. Juni eine Ausweitung der Betreuung über die Vorschulkinder, die ab dem 28. Mai wieder die Kitas besuchen dürfen, hinaus für einmalig 2 Tage bis zu den Sommerferien stattfinden (siehe ausführlich hierzu unseren Blog vom 11. Mai). Nun dürfen schon ab dem 8. Juni alle Kinder wieder gleichzeitig in die Kita-Betreuung – und zwar: „ In Orientierung an den jeweiligen Betreuungsverträgen und in Anlehnung an das KiBiz sind dies in Kindertageseinrichtungen in Bezug auf den zeitlichen Betreuungsumfang 15 statt 25 Stunden, 25 statt 35 Stunden und 35 statt 45 Stunden wöchentlich. Die jeweilige Ausgestaltung obliegt den Einrichtungen. Aspekte des Kinderschutzes und besondere Härtefälle sind in Abstimmung mit dem Jugendamt zu berücksichtigen.“ (Aus: Information für Eltern des MKFFI vom 20. Mai 2020). Gleichzeitig werden die bisherigen Regelungen zu den reduzierten Gruppengrößen von bis zu maximal 60 Prozent aufgehoben: „Die maximalen Größen der einzelnen Gruppensettings entsprechen den jeweiligen maximalen Gruppengrößen nach der Anlage zu § 19 KiBiz. Eine Überbelegung ist nur entsprechend den Vorgaben des KiBiz möglich. Neue Überbelegungen sollten möglichst vermieden werden.“ (Ebd.)

Bereitstellung von ausreichend Personal
Wir können, da nur sehr wenige Eltern es vorziehen werden und auch organisieren können, ihr/e Kind/er aufgrund möglicher Infektionsrisiken weiterhin zuhause zu betreuen, davon ausgehen, dass nahezu alle Kinder, wenn auch mit etwas eingeschränktem Stundenumfang, wieder in die Kita gehen. Insofern stellt sich das von uns schon in mehreren Blogs (siehe 4. Personalangpässe) angesprochene Problem der Personalengpässe nicht erst in einigen Wochen sondern SOFORT. In der Elterninformation des MKFFI heißt es dazu lediglich: „Soweit eingeschränkte Personalressourcen dies erfordern, können in den Kindertageseinrichtungen nach Abstimmung mit dem jeweiligen Jugendamt auch geringere Betreuungsumfänge angeboten werden. Soweit die jeweiligen Personalressourcen dies zulassen und eine Überlastung der Gesamtsituation in der Einrichtung ausgeschlossen werden kann, sind in Abstimmung mit dem Landesjugendamt unter Einbeziehung des Jugendamtes auch höhere Betreuungsumfänge möglich.“ (Ebd.) Auch wenn die pauschale Freistellung der sogenannten Risikogruppen (u.a. ab 60 Jahren) zugunsten einer amtsärztlichen Untersuchung aufgehoben wird, ist abzusehen, dass nicht jede Kita über ausreichend Personal verfügen wird. Aufgrund der Teamzusammensetzungen wird sich dieses Problem in den einzelnen Kitas sehr unterschiedlich darstellen. Bisher ist nicht bekannt, ob das MKFFI sich dieses Problems annimmt. Es macht den Eindruck, als ob hierfür ausschließlich die Träger und die örtlichen Jungendämter zuständig seien?!?

Personalkosten ausweiten
Eine Voraussetzung, die Personalengpässe vor Ort erfolgreich angehen zu können, wäre die Bereitstellung von über die aktuelle Personalkostenfinanzierung hinausgehenden Mitteln, um zusätzliches Personal vorübergehend einstellen zu können. „Hierbei ist Kreativität und Eile geboten, weil mögliches zusätzliches Personal nicht von heute auf morgen zur Verfügung steht. Der Landtagsfraktionschef der SPD in NRW Kutschaty fordert Ferienbetreuung für Kinder: „Wir könnten Lehramtsanwärter, Sozialarbeiter und angehende Erzieher dafür gewinnen, sich in den Ferien um Kinder im Schul- und Kita-Alter zu kümmern.“ (WAZ 15. Mai ). Mit den in pädagogischer Ausbildung befindlichen Personen benennt er eine wichtige Zielgruppe, die es zu gewinnen gälte. Aber wieso nur in den Ferien und warum nicht auch andere Studierende? Viele Studierende haben ihre Minijobs verloren und suchen dringend nach Kompensationsmöglichkeiten. Außerdem befinden sich viele Menschen in Kurzarbeit, von denen sicher auch einige einen Zugang zur Betreuung von Kindern haben (oder aufbauen könnten), z.B. aus dem Kultur-, Sport-, Tourismusbereich, Soloselbstständige etc. Personen aus diesen Zielgruppen könnten in Zusammenarbeit mit und unter der Aufsicht von Fachkräften eingesetzt werden und würden gleichzeitig ihre wirtschaftliche Situation verbessern. Eine Win-win-Situation!“ (Blog vom 18. Mai). Bisher sind uns keine Beispiele bekannt, dass zuständige Jugendämter und/oder okale Träge sich auf diesen Weg begeben.

Abschließende  Anmerkungen
Auch in den meisten anderen Bundesländern wird die Kinderbetreuung ausgeweitet, wenn auch mit deutlichen unterschieden. Sachsen geht hier voran: „Seit Montag [18. Mai] haben Kitas und Grundschulen wieder geöffnet, und zwar für alle Kinder, jeden Tag, ohne Abstandsregeln:“ (Süddeutsche Zeitung vom 23.+24.Mai 2020, Seite 6). In Bayern und Baden-Württemberg (ebd.) geht es etwas langsamer voran. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die einen, wie beispielsweise NRW Familienminister Stamp (siehe oben) sich auf Studien beziehen, die von einem geringeren Ansteckungsrisiko in Kitas ausgehen, während Bundesfamilienministerin Giffey zu denen gehört, die darauf hinweisen, „dass es noch keine gesicherten Erkenntnisse zum Infektionsgeschehen in Kitas gebe“( nach Süddeutscher Zeitung vom 23.+24. Mai 2020, Seite 1). Damit soll an dieser Stelle nicht grundsätzlich dem Trend zur Ausweitung der Kinderbetreuung widersprochen werden, zumal es ja auch immer um die Abwägung einerseits der Risiken der Erkrankung an Covid 19 und der Folgen der Ausweitung von Infektionen und andererseits der Nachteile, Beeinträchtigungen und Risiken, denen Kinder ausgesetzt sind, die nicht in die Kita dürfen, geht. Das Ringen um angemessene Lösungen hat gerade erst begonnen.