Ein Tag im Wald – eine spannende Idee (Teil 1)

Gastbeitrag Alexandra Knoch
Die Kita am Wald e.V. liegt -der Name sagt es bereits- an einem Waldstück inmitten Castrop-Rauxels im Ruhrgebiet. Der 135ha große Wald besteht aus Laubbaumbeständen (Rot- und Hainbuche, Stiel- und Roteiche, Pappel, Esche, Roterle, Bergahorn und Vogelkirsche) und unterliegt der Aufsicht des Regionalverbandes Rhein-Ruhr. Die ältesten Bäume sind ca. 160 Jahre alt. Im 'Castroper Holz' gibt es insgesamt Wanderwege mit einer Länge von 5 km (siehe Link unten). Da der Wald mitten der in der Stadt, im Stadtteil Rauxel, liegt, kennen unsere Kinder, die hauptsächlich aus unserem Einzugsgebiet kommen, den Wald mit seinem attraktiven Spielplatz und den an dessen Rand liegendem Hallenbad bereits gut. Der Spielplatz wird im nächsten Jahr für 500t € nach einem groß angelegten Beteiligungsprozess (siehe Link unten) für die Bürger*innen der Stadt, in den auch Kinder einbezogen wurden, mit diversen Sportstätten, behindertengerechten Spielgeräten und einem Wasserspielplatz noch weiter ausgebaut wird.

Unsere Beziehung zum Wald
Über unser Außengelände haben wir einen direkten Zugang zum Castroper Holz. Er ist aber auch barrierefrei über den Schulhof der benachbarten Waldschule zu erreichen. Jede Gruppe unserer Einrichtung hat einen festen “Waldtag” in ihrem Wochenplan integriert. An diesen Tagen besuchen die Kinder den Wald im Vormittagsbereich. Die Unternehmungen im Wald sind an den Waldtagen sehr unterschiedlich, da vieles möglich ist:

Beobachten und Erkunden der Flora und Fauna, jahreszeitentypische Veränderungen entdecken das Sammeln von Naturmaterialien das Pflücken von Kräutern für unsere Kitakaninchen, -schnecken und -hühner Freispiel (Brücken, ‘Lagerfeuer’ oder ‘Fallen’ aus Stöckchen bauen, Rollenspiele das Bestimmen (aber nicht Sammeln!) von Pilzen Tierspuren verfolgen und Bauten entdecken Waldralleys Schnitzeljagden im Matsch spielen etc.

und gelegentlich finden wir sogar kleine Schätze, wie hübsche Federn, leere Schneckenhäuser oder bemalte Steine, die von anderen Spaziergängern ausgelegt wurden.

Darauf achten wir
Die Kinder sind auch bei gutem Wetter für alle Eventualitäten mit mindestens Matschhosen und Gummistiefeln gekleidet. Die Erzieher*innen haben stets eine Erstehilfe-Tasche und ein Handy dabei, um auch für den Notfall gerüstet zu sein. Bevor wir in den Wald gehen, werden alle Regeln, die wir gemeinsam mit den Kindern aufgestellt haben, noch mal aufgezählt:

Beim Rufen oder Pfeifen eines*r Erziehers*in laufen wir vor bis zum ersten Kind und warten dort. Wenn uns ein Auto (Post-, Forstfahrzeug) oder ein Radfahrer entgegenkommen, warten wir am rechten Wegesrand. Im Wald wird nichts gegessen, was wir finden. Wenn uns ein Hund entgegenkommt, warten wir ebenfalls auf der rechten Seite. Wir rennen nicht auf Hunde zu oder hinter ihnen her. Fremde Hunde werden unter keinen Umständen angefasst oder gestreichelt. Die Wege werden während der Brunft- und Setzzeit nicht verlassen. Wir werfen keinen Müll in den Wald:

Die Kinder kennen die Regeln sehr gut, durch das häufige Wiederholen sind sie immer abrufbar. Nur selten kommt es zu Regelüberschreitungen. Die Regeln sind wichtig, da wir den Kindern im Wald soviel Freiraum wie möglich lassen wollen, um ihrer Wissbegierde, ihrer Lust am Spiel in der Natur und der Entdeckerfreude Raum zu geben. Gleichzeitig lauern aber auch (wie in jedem Wald) nicht zu unterschätzende Gefahren (mit Wasser gefüllte Tümpel, freilaufende Hunde etc.), die es auf unserem Kitagrundstück/-außengelände in der Form nicht gibt. Den Kindern ist bewusst, dass die Regeln ihrem Schutz oder dem Schutz der Waldtiere bzw. des Waldes dienen und akzeptieren sie daher vorbehaltlos.

So toll ist der Wald!
Die 5km langen Wanderwege sind die meisten Kinder unserer Kita bisher schon Stück für Stück abgegangen und haben einiges entdeckt, das für die Kinder von besonderem Interesse ist. Sie machen den Wald zu IHREM Wald. Hier einige Beispiele:
– Das Geäst eines umgestürzten Baumes ohne Rinde. Für die Kinder ist dies der `Kletterbaum`:
– Die freigelegte Wurzel eines umgestürzten Baumes, an der besonders viele Spinnen leben, insbesondere auch ‘der Spinnenkönig’.
Der niedrige und unregelmäßig abgesägte Baumstumpf ist für die Kinder der `Königsfelsen’.
– Ein ausgetrockneter Bachlauf mit Stöcken eine `Brücke’.
 In einem 120 Jahre alten und leerstehender Stall, der zum ‘alten Forsthaus’ gehört,  leben laut der Kinder ‘Wildpferde’.
Und was es noch gibt:
– Mit Wasser gefüllte Bombenkrater aus dem zweiten Weltkrieg, in dem Frösche und Kröten laichen.
– Verschiedene verlassene Tierbauten unterschiedlicher Größe, z.B. ein ‘Fuchsbau’
– Der Wald ist der ‘Bürgergarten’, in dem jede*r Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen pflücken kann.

Eine spannende Entdeckung und eine noch spannendere Idee
Die letzte Entdeckung, die wir mit den Kindern gemacht haben, liegt nur wenige Meter abseits des Weges auf einer größeren, weitläufigen und gut überschaubaren Fläche: ein Tipi aus Ästen. Nur durch Zufall fanden wir mit den Kindern das große Tipi, das jemand stabil aus langen Ästen im Wald gebaut hatte. Um das Tipi herum liegen einige Baumstämme, auf die man sich setzen oder auf denen man balancieren kann. Wir ließen die Kinder einige Zeit dort frei spielen und stöbern. Dabei stellte meine Kollegin fest, dass sich bei den Kindern schnell die unterschiedlichsten Spiel- und Nutzungsideen entwickelt hatten, die von uns bestens beobachtet werden konnten. Nach diesem Ausflug in den Wald sprachen wir mit den Kindern über diese Entdeckung im Stuhlkreis vor dem Mittagessen. Die Aufregung der Kinder über diesen tollen Ort war immer noch groß. Gern hätten sie noch länger dort gespielt und erzählten, was sie dort noch alles erleben könnten. Ein Junge fragte, ob wir dort nicht alle mal schlafen könnten?!? Daraus entwickelte sich bei den Kindern (Kind: “Ich schlaf bestimmt nicht im Wald bei den wilden Tieren. Aber am Tag will ich da schon sein!”) der Gedanke, wie es wäre, wenn man dort leben würde. Wir diskutierten gemeinsam weiter und so wurde unsere Idee einen ganzen Tag im Wald zu ‘wohnen’ geboren.

Wie sich diese Idee weiterentwickeln wird, was dabei zu beachten ist, was wir alles benötigen, was die Eltern und unsere Kitaleitung dazu sagen und was die Kinder sich dazu noch ausdenken, können Sie in meinem nächsten Beitrag zum Thema “Ein Tag im Wald” in diesem Blog lesen.

Links und weitere Informationen: Fotos: Alexandra Knoch – Hier finden Sie die Wanderwege im Castroper Holz und und hier das Beteiligungsverfahren zur Weiterentwicklung des Spielplatzes. Die Kita am Wald in Castrop-Rauxel finden sich auch im Netz und hier eine Übersicht über alle Blogbeiträge zur Kita am Wald.