Corona-Testoffensive für Erzieher gescheitert (WAZ) –

so titelt die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) auf der ersten Seite ihrer Ausgabe vom 7.8.2020. „Der Dortmunder Verdi-Fachsekretär Martin Steinmetz berichtet von einer umfassenden Stichprobe seiner Gewerkschaft bei Ärzten und Testzentren, die ein ernüchterndes Ergebnis gebracht habe: `Ich wage die Prognose, dass nur ein unterer einstelliger Prozentsatz der Beschäftigten auf Corona getestet wurde.´“ (Ebd.) Testzentren in den Kommunen, wenn es sie denn gibt, sind überlastet mit Reiserückkehrer*innen. Viele Hausärzte - ein Test wird lediglich mit 15 € vergütet – sind überlastet und / oder verweigern die Durchführung von Tests.

NRW-Familienminister Stamp zeigt sich „offen für Nachbesserungen“ (ebd.). Die SPD fordert „mobile Testzentren an Kitas und Schulen“ (ebd.). In dieser Woche sind die Lehrerinnen und Lehrer dran. Und am Ende dieser Wochen werden wir wissen, ob die Testkapazitäten deutlich ausgeweitet werden konnten.

Die Risiken steigen, der Handlungsdruck nimmt zu
Hier gilt es für die Landesregierung, in Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsämtern und den Ärzteverbänden Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Ansonsten gibt es aktuell aus der Kitaszene nicht so viel Neues zu berichten. Die Schließzeiten gehen dem Ende zu und in einer Woche (am 17.8.) geht es dann wieder mit allen Kindern in den Regelbetrieb. Dass angesichts der deutlichen Zunahme der Infektionszahlen in der letzten Woche die Sorgen, die Unsicherheiten und auch vor allem auch der Druck in der Politik steigen, sieht man unter anderem daran, dass in NRW Maskenmuffel mit einem Bußgeld von 150.- € belegt werden sollen (WAZ vom 6.8.2020, Seite 1). Testverweigern, z.B. nach der Rückkehr aus Risikogebieten, droht sogar eine Strafe von 25t €. (Ebd. vom7.8.2020, Tagesthema)

Schulstart in Mecklenburg-Vorpommern (MVP) und in NRW
Mecklenburg-Vorpommern ist der Vorreiter. Hier ging es am 3.8. wieder los. Zwei Schulen mussten aufgrund von Coronainfektionen direkt wieder geschlossen werden (WAZ vom 8.8.2020, Tagesthema). In NRW beginnt das neue Schuljahr diese Woche, am Mittwoch, den 12.8. Die Landesregierung hat im Unterschied zur Mehrzahl der anderen Bundesländer eine Maskenpflicht auch im Unterricht in allen weiterführenden und berufsbildenden Schulen vorgeschrieben (WAZ vom 4.8.2020, Seite 1). Diese ist allerdings sehr umstritten. Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, hierzu: „Das Tragen einer Mund-Nasen-Maske im Unterricht ist nicht sinnvoll. Ein längeres Maskentragen beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit.“ (WAZ vom 5.8.2020, Seite 1) In den Schulen in Berlin und Brandenburg (Schulstart am 11.8) müssen die Masken nur auf dem Schulhof und den Fluren getragen werden. Schleswig-Holstein (Schulstart auch am 10.8.) empfiehlt lediglich das Tragen von Masken.

Studie „Bildung in der Coronakrise“
Möglicherweise ist diese sehr weitgehende Maskenpflicht auch Ausdruck davon, dass zumindest die Landesregierung in NRW – und so wie es scheint, gilt das  auch weitgehend für die anderen Bundesländer – nach wie vor keine nachvollziehbare und realistische Alternative zum Regelbetrieb in den Schulen hat, falls Schulschließungen noch mal erforderlich sind. In Mecklenburg-Vorpommern (siehe oben) haben wir ja schon die ersten beiden Fälle. Aufschlussreich ist in diesem Zusammanheng die breit angelegte Studie des ifo-INSTITUTs zur „Bildung in der Coronakrise“. 1000 Eltern wurden unter anderem dazu befragt, wie ihre Kinder zuhause die Zeit verbracht haben. Die Schüler*innen haben weniger als halb soviel Zeit mit schulischen Aktivitäten verbracht, als wenn sie zum Unterricht in die Schule hätten gehen können. Besonders benachteilgt waren – und das kommt nicht unerwartet – Kinder mit schlechten Schulnoten und aus sozial schwachen Familien.

Es fehlt ein Plan B
Interessant im Zusammenhang mit einem Plan B bei einer neuerlichen Schließung von Schulen sind die Antworten der Eltern auf diese Frage: „Welche Aktivitäten haben Schulen/Lehrkräfte während der Schulschließungen durchgeführt?“ Die Auswertung hierzu wird folgendermaßen zusammengefasst (Seite 16 der Studie) und stellt den Schulen insgesamt kein gutes `Zeugnis´ aus: „Die Schulen konnten den Unterricht während der Schulschließungen nur in geringem Maße weiterführen. Obwohl die heutzutage weit verbreiteten digitalen Kommunikationsmöglichkeiten Online-Unterricht prinzipiell ermöglichen würden, wurde über die Hälfte der Schulkinder seltener als einmal pro Woche online unterrichtet. Noch seltener kam es zu individuellen Gesprächen zwischen Schüler*innen und Lehrkräften. Die häufigste schulische Lehraktivität während der Schulschließungen war die Bereitstellung von zu bearbeitenden Aufgabenblättern. Auch bei den Aktivitäten der Schulen zeigt sich, dass Nicht-Akademikerkinder und leistungsschwächere Schüler*innen während der Corona-Zeit deutlich weniger beschult wurden.“ Die aus der Studie (Seite 11) übernommene Grafik macht dies im Details nachvollziehbar. Deutlich wird, dass es vom Grunde her möglich ist, einen qualitätsvollen Distanzunterricht zu gestalten, auch wenn das offensichtlich bisher nur von sehr wenigen Schulen auch umgesetzt worden ist. Dieser ist an zwei Bedingungen geknüpft: 1. Schule, Lehrer*innen und Schüler’innen müssen digital angemessen ausgestattet sein. 2. Lehrer*innen müssen bereit und kompetent sein, digitalen Unterricht auch zu praktizieren. Deswegen sollten alle Schulen und jede*r Lehrer*in bei Schulschließungen ab sofort verpflichtet werden, täglichen Kontakt zu den Schüler*innen zu halten und Online-Unterricht durchzuführen. Schulen, die heute noch nicht soweit sind, haben maximal zwei Jahre Zeit, hierfür die technischen Voraussetzungen zu schaffen, die erforderlichen individuellen Kompetenzen in den Kollegien zu erwerben und ein für hre Schule entwickeltes Gesamtkonzept für qualitätsvollen Distanzunterricht umzusetzen.