Leitungsfreistellung und Qualität

Kita-Führungskräfte brauchen mehr Zeit
Anfang dieses Monates wurde eine weitere Studie (im Auftrag der Bertelsmannstiftung) vorgestellt, deren Einsichten und Schlussfolgerungen gut zu unserer Vorstellung für die Schlüsselrolle der Leitung für die Qualitätsentwicklung in der Kita passen. Die Studie hat ermittelt, in welchem Umfang aktuell Personalkapazitäten für die Leitung und Verwaltung in Kitas bundesweit zu Verfügung stehen.

Ausgehend von diesem IST-Stand spricht die Studie eine gut nachvollziehbare Empfehlung (SOLL) für den zukünftigen und nötigen Umfang der Leitungsfreistellung aus.

Wesentliche Ergebnisse im Überblick: Knapp 11 Prozent der bundesdeutschen Kitas verfügen über KEINE Zeit für Leitung oder Verwaltung. Dabei gibt es regional große Unterschiede. In Bremen liegt der Anteil mit knapp 28 Prozent am höchsten. Auch  Bayern und Baden-Württemberg kommen auf fast 20 Prozent. Thüringen und Sachsen-Anhalt schneiden mit einem Anteil unter 1 Prozent am besten ab. 

Die durchschnittliche wöchentliche Zeit, die für Leitung und Verwaltung in deutschen Kitas zur Verfügung steht, liegt bei 24h. Auch hier gibt es wieder eine große Spreizung. Hamburg liegt hier mit 42h vorne, Sachsen-Anhalt ist mit nur 14h das Schlusslicht. NRW liegt hier mit 30h auf Platz vier, hinter Bremen mit 34h und Schleswig-Holstein mit 32h. Hier finden Sie die statistische Übersicht dazu.

Eine weitere Übersicht stellt den Anteil der Kitas dar, die mit weniger als 20h Freistellung in der Woche für Leitung und Verwaltung auskommen müssen. Dies sind im Bundesdurchschnitt knapp die Hälfte aller Kitas. Die Kitas in Baden-Württemberg und Bayern schneiden hier mit über 70 Prozent am schlechtesten ab. Hamburg und Sachsen sind hier mit gut 20 Prozent am besten aufgestellt. Hier finden Sie alle Bundesländer im Überblick

Interessant und hoffentlich zukunftsweisend ist die Empfehlung der BertelsmannStiftung, „jeder Einrichtung eine Grundausstasttung von 20 Wochenstunden plus 0,35 Stunden pro Ganztagsbetreuungsäquivalent zur Verfügung zu stellen (…). Für eine KiTa mit rechnerisch 40 ganztags betreuten Kindern bedeutet dies zum Beispiel eine empfohlenen Leitungsausstattung von 34 Wochenstunden (20 Wochenstunden Grundausstattung + 035*40 Ganztagsbetreuungsäquivalente.)“ Das Zitat finden Sie auf der Seite 7 der Kurzfassung der Studie ebenso die Begründung für diesen Berechnungsschlüssel (Seite 8). Wenn man nun von dieser empfohlenen Grundausstattung ausgeht, verfügen lediglich gut 15 Prozent der Kitas in Deutschland über die empfohlene Leitungszeit. Hamburg ist hier mit ca. 50 Prozent in einem schlechten Gesamtbild der Ausreißer nach oben. Um alle Einrichtungen mit der entsprechenden Leitungsfreistellung auszustatten, müssten bundesweit ca. 1,3 Mrd. € zusätzlich aufgewandt werden  (Seite 10).

Mit Blick auf die konkrete Gestaltung der Leitungs- und Verwaltungsaufgaben werden in der Studie drei Vorschläge gemacht, die aus meiner Sicht richtige und wichtige Aspekte benennen:
1. Einsatz von Verwaltungskräften für einfache und zeitaufwendige Verwaltungstätigkeiten zur Entlastung der Leitungen;
2. Unterstützung der Leitung durch eine ständige stellvertretende Leitungskraft mit einem Minimum von mindestens 2 Wochenstunden;
3. Partizipative Entwicklung eines Leitungskonzeptes durch Träger und Leitungen, in dem Zuständigkeiten, Anforderungen und Verantwortlichkeiten klar geregelt sind.

Dem zugrunde liegt eine Sicht von Leitung, der ich voll und ganz zustimmen kann. Die Schlüsserrolle der Leitung für die Qualität der Arbeit in einer Kita bringt die Studie gut auf den Punkt: „Das professionelle `Kerngeschäft´ von Kitas besteht… in der pädagogischen Gestaltung von Kommunikationsbeziehungen für und mit Kindern(n). Der `Arbeitsgegenstand´, die Bildungs- und Betreuungspraxis, ist… nicht standardisierbar…, sondern hochkomplex und mehrdeutig – das konkrete Geschehen ist vielfach schwer vorhersehbar und deshalb nur begrenzt planbar. ´Gute´KiTa braucht deshalb eine professionelle Handlungspraxis, die sich ´passgenau´ auf die individuellen Bedürfnisse  jedes einzelnen Kindes und auch jeder Familie ausrichtet.“ (Seite 4) Dies stellt hohe Anforderungen an die Leitung und Führung, die diese hohe Qualität in Zusammenarbeit mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern täglich immer wieder herstellen muss. Hierbei geht es „nicht in erster Linie um das Management von bürokratischen Abläufen, sondern (die) kontinuierliche Gestaltung von Interaktions-, Kommunikations- und Entwicklungsprozessen, geprägt von begleitender Reflexion.“ (Seite 5)

Die ausführliche Fassung der Studie finden Sie im Netz.